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Neues vom “Open Music Contest”

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Die schlechte Nachricht vorweg: 2009 wird es keinen Open Music Contest geben. Warum diese Nachricht aber nicht so schlecht ist, wie sie auf den ersten Blick scheint, hab ich aus der Pressemeldung der OMC-Organisatoren abgeschrieben:

Es häufen sich (erfreulicherweise) die Anfragen, wo denn unsere Ankündigung zum OMC#5 bleibt. Genaue Daten haben wir dafür nicht, was wir aber wissen und an dieser Stelle mal öffentlich erklären möchten:

Der OMC muss sich verändern

Die schlechte Nachricht zuerst: 2009 wird es keinen Contest geben. Das finden wir selbst schade, aber uns ist klar, daß wir früher oder später eine Weichenstellung brauchen, und haben uns entschieden, daß genau jetzt ein guter Zeitpunkt dafür ist. Wenn man so will ist eine gute Nachricht, daß dieser Aus- kein Unfall ist, sondern eine ganz bewußt von uns eingefügte Zäsur. Wir legen das Projekt damit nicht zu den Akten, sondern wollen sagen: “Moment, wir müssen uns mal sammeln.”
Zu den Gründen:

Als die Idee zum Contest um das Jahr 2000 herum entstand, geschah dies maßgeblich unter dem Eindruck, daß die Musikwelt noch keine Notiz von freien Lizenzen genommen hatte. Der Plan war, mit einem landesweiten Wettbewerb auf dieses Thema aufmerksam zu machen und viele Menschen dazu anzuregen, sich die Vor- und Nachteile des “alten Systems”, neuer Lizenz-Modelle und Vertriebsstrukturen über das Internet mal bewußt zu machen, um nicht nur aus Gewohnheit im alten Trott zu bleiben.

Es dauerte dann fünf Jahre, bis diese Idee, ein von ihr überzeugtes Team, die notwendige Infrastruktur und die finanzielle Basis vereint waren, und der erste OMC stattfand — tatsächlich gedacht als einmalige Aktion. Fast auf den Tag genau mit der ersten Ankündigung des OMC wurden die CC-Lizenzen in Version 2.0 für das deutsche Urheberrecht veröffentlicht, und wir waren überzeugt, daß von allen freien Kulturlizenzen dieses Modell die größte Akzeptanz finden wird. Der Rest ist Geschichte.

Wenn man nun mal den ersten mit dem vorerst letzten OMC vergleicht, wird das Wachstum offensichtlich — die Bewerbungen haben sich verdreifacht, obwohl die Frist gekürzt und das Verfahren aufwendiger wurde, und statt 1.000 CDs im Pappschieber konnten 4.000 Doppel-CDs im Digipak verteilt werden, um nur mal zwei Vergleichswerte herauszunehmen. Wenn dieser Trend ungeändert anhält, stünden der Jury für den OMC#5 womöglich 24 Stunden Musik von 160 Bands bevor. Allein dies macht Änderungen der internen Abläufe nötig, um den Contest überhaupt in vertretbarer Zeit durchführen zu können, schließlich arbeitet niemand “hauptamtlich” an diesem Projekt.

“mission accomplished”

Unser Eindruck ist jedoch auch, daß sich das ursprüngliche Ziel des OMC — öffentliche Wahrnehmung freier Kulturlizenzen — ein wenig überlebt hat. Daß auch die sogenannten Leitmedien immer noch nicht ganz verstanden haben, worum es wirklich geht, macht uns zwar etwas traurig. Aber daß sie von sich aus zum Thema berichten, sehen wir als Indiz, daß sie inzwischen einfach nicht mehr daran vorbeikommen (und in ein paar Jahren haben sie sicher auch so weit recherchiert, daß kompetente Berichte nicht mehr die Ausnahme sind). Jedenfalls verliert der Hinweis auf die bloße Existenz von CC-Lizenzen an Bedeutung, das ist schon mehr ein Selbstläufer. Sampler und Konzerte sind uns nach wie vor wichtig, um CC aus dem Internet in das “echte Leben” zu bringen. Aber uns stellt sich die Frage: Bei weiter wachsendem Interesse am OMC, sollten wir den Wettbewerb innerhalb der CC-Community neu ausrichten?

Ein nach wie vor ungelöstes Problem bleibt die Unbeweglichkeit der GEMA. Obwohl auch diesem Verein ganz klar ist, wo in Zukunft die Musik spielt (nämlich im Internet), ist dort keine innovative Entwicklung zu orten. Ganz nüchtern betrachtet war die GEMA für uns vom ersten OMC an nur ein weiterer Stressor, der uns die Arbeit komplizierter machte, aber keiner einzigen OMC-Band irgendetwas zu bieten hatte. Unsere Prognose bleibt, daß sich dieser Zustand angesichts des weltweit explodierenden Interesses an CC-Lizenzierung mit steigender Wahrscheinlichkeit zwangsläufig zugunsten der Community auflösen wird: Entweder übernehmen doch noch die visionärer begabten Kräfte innerhalb der GEMA das Ruder und reformieren den Verein grundlegend, oder er verharrt so lange auf dem konservativen Kurs, bis die kritische Masse erreicht ist, um ein globales, netzbasiertes Äquivalent aus der Community entstehen zu lassen. Hier wäre durchaus ein interessantes Betätigungsfeld für den Contest.

Auch eine Dezentralisierung des Konzertevents und stärkere Vernetzung der Beteiligten können wir uns vorstellen. Wir sind offen für spannende Ideen.

Neuer Träger gesucht

Die sicher einschneidenste Entscheidung aber ist die Trennung des OMC vom AStA Marburg als Träger. Als der Contest startete, waren wir alle im AStA als Referen/innen aktiv. Mittlerweile trifft das auf keinen von uns mehr zu, wir wohnen teilweise nicht einmal mehr in Marburg. Gleichzeitig ist zwar der Wettbewerb jedes Jahr ordentlich gewachsen, was hinter den Kulissen u.a. mehr Entscheidungen in kürzerer Zeit verlangt, aber die Studierendenvertretung hat selbstverständlich keine zusätzlichen Mittel zur Verfügung, und ungeändert eine ganze Reihe anderer wichtiger Aufgaben wahrzunehmen, so daß wir gefahr liefen, uns gegenseitig zu behindern — der OMC ist sozusagen herausgewachsen.

Wir brauchen also für eine Fortführung des OMC einen (oder mehrere?) neue(n) Träger. Dabei ist uns wichtig, weiterhin als kulturpolitisches Non-Profit-Projekt arbeiten zu können. Grundsätzlich soll sich der OMC finanziell selbst tragen (d.h. alle Ausgaben wie z.B. Samplerpressung durch die Konzerteinnahmen decken), allerdings bleibt bei Veranstaltungen dieser Größe immer ein Risiko, das wir nicht als Privatpersonen tragen können. Wir erwägen daher auch, dem OMC eine eigene Rechtsform zu geben. Auch hier sind Angebote und konstruktive Vorschläge sehr willkommen. Insbesondere für die Realisierung der Konzertveranstaltungen suchen wir praktikable Lösungen und zuverlässige Partner.

Von der Idee bis zum ersten Contest dauerte es wie gesagt fünf Jahre. Wenn wir mehr Kompromisse auf dem Weg dorthin gemacht hätten, wäre es vielleicht ein Jahr weniger gewesen. Aber uns ist nach wie vor wichtiger, dieses Projekt “richtig” zu machen, als es schnell oder regelmäßig zu erledigen. Wir haben vier mal gezeigt, daß das Konzept insgesamt gut durchdacht und tragfähig ist. Auf diesem Weg soll es weitergehen. Mit etwas Glück schon in 2010!

OpenMusicContest.org auf der SIGINT’09 in Köln

Am kommenden Wochenende, vom 22.-24. Mai 2009, findet in Köln die erste SIGINT statt: “Bei der SIGINT geht es um Mitwirkung und Veränderungen, um gesellschaftspolitische Forderungen und Utopien, um Hacktivismus, kreative Normverletzungen und Spaß am Gerät.” Da das OMC-Team bei dieser Programmbeschreibung auch nickt, sind wir auf dieser vom Chaos Computer Club (CCC) organisierten Konferenz mit einem eigenen Stand vertreten.

Wer sich also gerne mal persönlich mit uns unterhalten möchte, z.B. über die Zukunft des OMC, freie Kultur oder auch die Welt als solche: Kommt vorbei, wir freuen uns :-)

Davon abgesehen dürfte natürlich auch das hochkarätig besetzte Vortragsprogramm die Anreise Wert lohnen!

Die ersten Meldungen dazu stehen bereits bei Golem (Mission erfolgreich: Kein Open Music Contest in diesem Jahr) und Gulli (Open Music Contest: Abgesagt für 2009).


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